… setzt sich aus Magiranern aller Völker zusammen, die sich gemeinsam mit den Geschöpfen der Nacht wie Werwesen, Dags und Untote um Dämonenlord Sataki gescharrt haben, um dem Bösen auf Magira erneut Einzug zu verschaffen. Nach dem Ende der Finsternis blieb einer der dunklen Feldherren, nämlich Sataki, auf Magira zurück. Er sammelte die Horde um sich, und es gelang, über lange Zeit den Nor Urassus besetzt zu halten und eines der größten Reiche aufzubauen, die Magira je sah. Doch die Horde besitzt nur eine grobe Struktur; beständige Machtkämpfe und Intrigen, Gewalt und Gier beherrschen den täglichen Umgang. Im Mittelpunkt stehen die Streitkräfte. Den Dämonenlord berät der Rat der Dämonen, bestehend aus den Schädelträgern und Skelettkriegern.
Das Zentrum ist die Schädelinsel, die Stadt heißt Ureban Na Xertes un existiert auf allen Weltenebenen. Auf der estlichen Welt haben die Truppen des Heerführers Samsa inzwischen die Kontrolle über drei Städte übernommen: Nabur, Timor und neu Ashkalin.
Literarischer Tipp: Karl Edward Wagners »Kreuzzug des Bösen«. (Rezension)
Die Horde der Finsternis ist eine Arbeitsgruppe in FOLLOW – mehr Informationen hier http://www.follow.de
Der Schmerz ist unbeschreiblich. Ich weiß schon, die Seite schützen. Das Kettenhemd klafft dort auseinander, war ja auch nur Kampfbeute. Kurzschwert, Dolch? Was denke ich hier? Ich bekomme keine Luft mehr. Blut im Mund. Röcheln. So geht es also vorbei. Ich stürze in den kalten Matsch. Keine Luft. Es war der letzte Beutezug. Scheiße. Inari. Unser Kind. Es tut so weh. Schwärze vor den Augen. Keine Luft. Matsch. Schmerz. Schrei. Röcheln. Mund voll Blut. Luft! Luft! Es ist …
»Aufstehen«
Ich spüre nichts. Meine Beine und Arme machen es ganz alleine, ich stehe auf. Mein Körper erhebt sich. Ich sehe auch kaum etwas. Alles ist wie die Welt ohne Farben. Ich kann meine Augen auch nicht bewegen, nicht nach links oder rechts schauen. Ich merke, wie mein Körper auf der linken Seite Schlagseite hat. Mein linker Arm kann beim Aufstehen kaum helfen, er hängt herab. Verdammt. Kann ich den Kopf wenigstens drehen? Ein bisschen. Ich bin auf dem Schlachtfeld, doch die Schlacht ist weitergezogen. Vor mir, neben mir erheben sich Körper, Körper wie meiner. Soldaten wie ich. Tote Soldaten wie ich. Die Erkenntnis durchzuckt mich wie ein Schlag. Meine Axt liegt auf dem Boden. Neben dieser wirklich großen Blutlache. Mein Blut. Es ist nicht rot, sondern schmutzig grau. Wie diese ganze Welt.
Das Haus der Sierhalls wurde nach und nach wieder aufgebaut. Es war bei weitem kein Palast, aber es regnete nicht herein und sie hatten Türen und Fenster, die verschlossen werden konnten. Der Handel von Kuro blühte auf, nachdem die junge Familie auf der Schädelinsel angekommen war. Er musste nicht mehr im Geheimen agieren, konnte offen mit exotischen Kräutern und Präparaten handeln. Er versteckte seine Zugehörigkeit zur Horde nicht und trug Knöpfe mit dem Wappen an deinem Mantel. Am Anfang waren einige seiner Kunden, die nicht auf der Schädelinsel beheimatet waren, vorsichtig. Schnell verstanden diese jedoch die Vorteile eines Händlers mit wenig Skrupel und Zugang zu so vielen verschiedenen Organisationen, Handwerken und Rassen. Ob es jetzt eine von Schwarzen Zwergen geschmiedete Axt, Gift von Dunkelelben oder Söldner, die die Drecksarbeit für einen erledigen – Kuro konnte es organisieren.
Seine Frau Sunako genoss es sehr, sich nicht mehr verstecken zu müssen. Als Hexe, die Magie und Alchemie praktizierte, musste sie früher immer auf der Hut sein. Doch in der Horde, in Ureban na Xertes, war das ein alltägliches Treiben. Zum Teil führt sie nun sogar magische Experimente an Goblins durch oder testet ihre neu entwickelten Tinkturen und Lösungen an ihnen. Es liefen so viele davon herum, dass sie sehr verschwenderisch eingesetzt werden konnten- zumindest solange sie nicht in Ritualen oder an der Front gebraucht wurden.
Dumpf dröhnen Trommelschläge. Mit bedächtigem Schritt nähert sich die dunkle Seele Grim der Opferstelle. Die glühenden Kohlen strahlen eine bedrohliche Hitze aus.
Albyon
Die Rufe der Krähen erfüllen die Luft. Die reine Seele Wolf breitet ein Sitzleder aus. Er genießt die behagliche Wärme seines kleinen Lagerfeuers.
Grims starke Hände greifen nach dem Opfer, das sich zappelnd zu wehren versucht. Er hält es über die Glut, die Schreie ignorierend. Mit einem kräftigen Ruck bricht er es in der Mitte auf.
Wolf greift nach dem toten Hasen, den er zuvor gehäutet und ausgenommen hat. Ein dünner Ast dient als Spieß. Vorsichtig dreht er das Fleisch über dem Feuer.
Blut und Eingeweide fallen in die Glut. Bald ist alles voller dunklem Schwaden, nur von der glühenden Kohle in rotes Licht getaucht. Im Mund ein metallischer Geschmack. Grim wirft den Kopf in den Nacken. Seine Augen werden tief schwarz.
Fett tropft ins Feuer. Wolf fällt ungewollt in Trance. Flackernd lodern die Flammen empor, verbrennen den Braten und hüllen den Lagerplatz in dichten Rauch.
Grims Geist findet sich wieder auf einem Schiff aus Nebel.
Wolfs Geist erwacht auf einem Schiff aus Rauch.
Das Schicksal treibt zwei Teile einer Seele unaufhaltsam aufeinander zu.
Beginn einer Reise Arnd Empting Singen, September 2022
»Komm«, flüsterte Aixa, die junge Ordonanz. Ein vorsichtiger Blick in die Weite des Küchenzeltes, dann ein kecker Blick zu Oszra, gefolgt von einem auffordernden Zupfen am Ärmel. Sie huschte lautlos hinten aus dem Zelt, dort wo es zu den Waschstellen und Aborten ging. Oszra schüttelte demonstrativ zwei Holzteller ab, die er gerade in der Spüle bearbeitet hatte. Er wusste, wenn er jetzt Aixa folgte und der Küchenchef erwischte ihn, dann würde er heute Nacht auf dem Bauch schlafen. Nicht heimlich tun war das Gebot des Moments. Heimlichkeit wurde sofort bemerkt. Noch mal Wasser von den Tellern schütteln, und sie dann wuchtig auf den Seitentisch legen. Und dann eilte der Küchenjunge eiligen Schrittes durch den hinter Zeltausgang, so als würde er den Abort aufsuchen.
Das Küchenzelt hatte seinen Platz oben auf dem Feldherrenhügel gefunden, direkt neben dem Lagerkreis, in dem der General und seine Offiziere die Lage besprachen. Die belagerte Grenzfeste Tiebel lag von hier aus fast tausend Schritte entfernt auf der rechten Seite. Ein gut gewählter Abstand, denn die drehbaren, riesigen Trebuchets der Festung warfen Felsen im besten Falle dreihundert Schritt weit. Die Front des Zeltes zeigte auf den Platz. Diese Front hatte man auf beiden Seiten mit einfachen Zeltwänden verbreitet, um dahinter Vorräte unsichtbar zu lagern. Und dort hatten die Bediensteten ein paar Stühle platziert, um sich auszuruhen und auch mal ein Bier zu trinken. Der Stoff wies einige Sichtschlitze auf, durch die Aixa und Oszra nun spähten. »Es bewegt sich viel heute«, wisperte Aixa ihm zu, »es wird eng für uns. Aus der Tiefebene nähert sich der Entsatz der Festung. Es heißt, Azza Assalonn führt 8000 schwer bewaffnete Mann von hinten über den Aufgang in die Festung. Der Mann wird der Bluthirsch der Tiefe genannt, das verheißt nichts Gutes. Die werden uns in einem Ausfall hinwegfegen, sage ich dir.« »Hmm,« grunzte Oszra. »Und es sind neue Besucher eingetroffen, die mit dem Besten bewirtet werden, was wir noch in den Vorratslagern haben. Mit Blutwein und reichlich Braten, als wäre beides nicht schon seit Tagen knapp.« »Einer davon mit merkwürdig viel Fell.« »Ja, ein Werwolf, aufgeplustert bis unter das Dach. Luran heißt er. Und bei ihm ein älterer Mann, genannt Ismael. Der schaut die halbe Zeit fahrig in die Gegend, als wüsste er nicht so recht, wo er ist. Der weiß wohl nicht, was er da soll.« »Von Ismael habe ich gehört, es gab Gerüchte. Aber das, was ich hörte, passt nicht zu dem, was du erzählst.« »Gerüchte gibt es viele«, knurrte sie, »ich habe einige über den Werwolf gehört«. Ein Zischen von weit oben lenkte sie ab. Ein riesiger Feuerball zog über den Himmel, fast so hell wir die Sonne. »Sie versuchen es wieder.« »Ja, das ist so befohlen. Jeden Zehnteltag testen.« Der Glutball zog seine Bahn und machte dabei Geräusche wie Eidechsen in der Bratpfanne. Dann geschah, was immer geschah. Der Ball wurde langsamer, er schrumpfte, um dann schließlich mit einem feuchten Zischen im halb gefüllten Burggraben zu verlöschen. »Verdammte Neutralmagier«, zischte Aixa, »die Festung sollte schon lange der Horde gehören, und der Weg in die Tiefebene wäre unser. Aber die blockieren jeden magischen Angriff.« »Die letzten vier Wochen hat sich wenig bewegt. Mal ein Angriff am Nachmittag auf die Tore. Dann so ein halber Ausfall von denen. Nix is‘.« »Na, du musst mal den Alten hören, da bewegt sich was. Da hat die Horde Erfolge. Da wird viel gemacht, alles sehr wichtig. Aber meist werden nur Bauern im Hinterland gefangen, für den Schlachter und die Kette.« Oszra schauderte und musste unwillkürlich in Richtung der Festungsmauern schauen. Dreihundert Schritte schafften die riesigen drehbaren Trebuchets auf den seitlichen Türmen. Sie konnten den Zugang zu der Tiefebene nach hinten mit Tod überziehen und nach vorne alles vernichten, was sich dem weit gezogenen Graben näherte. Aber sie konnten nicht den Bereich am Fuße des Hügels erreichen, an dem auch heute der Schlachter stand und Gefangene zerhackte. Er ging methodisch vor, ließ sich einen nach den anderen aus den Käfigen bringen. Er griff ihn dann mit seiner riesigen Hand und warf ihn auf die Schlachtbank. Dann wählte er eines der Messer oder eine der Hacken an seinem Gürtel aus und begann mit der blutigen Arbeit. Langsam und methodisch. Lange Atemzüge später rutschte eine blutige Masse vom Tisch. Zwei Mal am Tag belud man einen Wagen und karrte die Reste zum Graben. Einige Dags sicherten den Weg mit Schilden, gegen Angriffe mit Bögen. Die Wagen luden dort die Toten ab, um die Grabenhaie zu füttern. Die Kette stand dicht neben der Schlachtbank. Ein zehn Schritte hoher Pfahl, mit einem System aus Winden und Rollen, an dem man Gefangene hochzog. Der erste wurde mit den Handfesseln in einen Haken gehangen, der nächste an dessen Beine gebunden, der dritte am Hals des zweiten und so weiter. Die Schergen würfelten manchmal, wie es in der Kette weiter gehen sollte. Man zog die Gequälten sehr langsam hoch. Irgendwann riss dann ein Arm, ein Bein oder ein Leib. Dann gab es Jubel von den Gewinnern und enttäuschte Schreie von den Kriegern, die vergeblich auf den ersten Abriss oder auf den ersten Durchriss gewettet hatten. Vor ihnen im Rat der Feldherren wurde es laut. General van Heuckenroth erhob sich, hustete und rief: »Achtung, Achtung!«, wie er es immer tat, wenn er etwas verkünden wollte. »Ich muss los«, raunte Aixa. Sie schnippte Oszra spielerisch, aber kräftig, mit zwei Fingern auf die Wange, wie sie es immer zum Abschied tat, wenn er nicht aufpasste. Sie zwinkerte dabei zufrieden und eilte dann raschen Schrittes um die Filzwand. Er schaute ihr hinterher. Wenn sie doch mal etwas mehr Zeit hätte, er würde sie schon in seine Felle bekommen. Er träumte einen Herzschlag lang von einer Nacht mit Aixa. »Ha!« erklang hinter ihm ein lauter Ausruf, der ihn erschrocken herumfahren ließ. »Der feine Herr hat sich eine Pause genommen, während alle anderen hart arbeiten, so so.« Der Küchenchef stand zwei Schritte hinter ihm und ließ die Knute langsam und liebevoll durch seine Hände gleiten. »Die Hose runter«, sagte er, während sich sein Gesicht zu einem widerlichen Grinsen verzog.
Onua bewegte sich wie ein Schatten durch die schäbigen Gassen und nahm das Durcheinander der stadteigenen Ausdünstungen in tiefen Atemzügen in sich auf. Besser hat noch kein Ort gerochen, in dem sie seit der Befreiung aus dem Amulett gewesen war. Gerade als sie überlegte, durch welchen finsteren Gang sie sich weiter durch die Stadt bewegen sollte, wehte aus einer dunklen Ecke der Geruch einer frisch geöffneten Bauchhöhle herüber. Dieser vollmundige Duft ließ sie innehalten und seufzen. Ureban Na Xertes gefiel ihr immer besser! Ihr fleischiger Körper immer weniger. Klein und schwach, kein Vergleich mit ihrer wahren Gestalt. Zum Glück waren ihr ein paar Dämonenkräfte geblieben, die sie gegen schwache und Nicht-Dämonen einsetzen konnte, aber da es hier einige höhere Dämonen gab, blieb ihr nichts anderes übrig, als Katz-und-Maus zu spielen. Die Eroberung von Timor und Nabur auf der Estlichen Welt waren ein köstlich blutiger Spaß gewesen, hatten ihr aber auch die Aufmerksamkeit des Imperialen Marschalls eingebrockt. Dieser hätte lieber seine rechte Hand Drugnar Gunnarson an ihrer Stelle gesehen und hat sie daher vor die Wahl gestellt, ihm zu helfen oder ein schnelles Ende zu finden. Aus Sorge, wieder in die Leere verbannt zu werden, war sie lieber untergetaucht, um ein paar kursierenden Gerüchten nachzugehen. Sie hoffte darauf, ihre Dämonenkräfte wiederherzustellen, bevor sie sich Samsa stellte. Leider hatte Onua keinen Zugriff auf die Erinnerungen ihrer Fleischhülle Snibi, wie der Wassergeist sie genannt hatte, dort hätten sich vielleicht einige nützliche Informationen gefunden. So hat es ziemlich lange gedauert, diesen Ort hier zu finden. Aber ihre Zeit als Heerführerin in ›Vertretung‹ hatte sehr dabei geholfen und gestern wurde ihr bei ihrer allnächtlichen Niedere-Wesen-Ausquetschen-Runde zugetragen, das sich einer Sage nach die schwarze Quelle, mit der sich Dämonenkräfte auffüllen lassen, unter dem Palast des Dämonenlords befinde. Und dass es Gerüchte gibt, dass es sich bei dem Herz des Winters auch um so eine Quelle handeln könnte. Was man in Timor gemunkelt hatte, schien zu stimmen. Sie musste irgendwie oder über irgendwen an eine dieser Quellen ran kommen, denn auf vollständige Regeneration zu warten war keine Option! Mit einer plötzlichen Drehung und der bloßen Faust zerschmetterte sie den Schädel der Gestalt, die sich von hinten genähert hatte, und verteilte ihn auf dem Boden der dunklen Gasse. Einen Vorteil hatte dieser Fleischkörper doch, ständig wurde sie unterschätzt. Als sie nach dem leblosen Körper griff, bevor er zu Boden sacken konnte, um seine Taschen nach Nützlichem zu durchsuchen, fiel ihr ein Zettel in seiner rechten Hand auf und weitere, die nun verstreut auf dem Boden lagen. Sie nahm das Exemplar aus seiner Hand und überflog es hastig. Zwei namhafte Schädelträger planten eine Reise zum Norpol. Ob sie es auf das Herz des Winters abgesehen hatten? Sollte sie sich der Suche anschließen? Und wenn es nicht das war, was sie dachte? Könnte sie dann vielleicht durch einen von ihnen Zugang zur Quelle unter dem Palast erhalten? Sie musste endlich Nägel mit Köpfen machen und mit diesen Grübeleien aufhören, denn wäre sie aufmerksamer gewesen, hätte sie den Zettelträger auch ohne Einsatz ihrer Dämonenkräfte töten können und sich dadurch nicht geschwächt. Doch welche Seite wählen? Onua musste nicht lange darüber nachdenken. Sie brauchte Samsas Hilfe, sonst würde sie die schwarze Quelle nie erreichen. Es war Zeit, dem Imperialen Marschall entgegenzutreten, gleich ob mit oder ohne ihre dämonischen Kräfte.
Der Geruch von Rauch in der Nase. Die Hitze der Flammen unter dem Bug.
Nebelschwaden, Kälte, Feuchtigkeit in den Wanten, Angst und Wut. Und Zukunft
Es war die beste aller Zeiten, es war die schrecklichste aller Zeiten.
Das Leben geht seinen Gang, jeden Tag und jede Stunde. Immer etwas zu tun, aber nichts geschieht.
Viele Magiranerinnen und Magiraner spüren es: etwas ist in Bewegung geraten. Der rasende Stillstand wird zum Ende zu kommen. Alte Regeln gelten weiter, doch der Wille bricht sich Bahn. Das Leben kommt von vorn.
Und Träume, die Hoffnung auf Morgen, auf Antworten, Lösungen, Zukunft, Veränderung. Freiheit. Bleibt alles anders.
An Bord des Schiffes aus Rauch und Feuer, auf dem Weg über die Alte Welt, immer mehr Schatten aus Asche, im Nor liegt die Antwort – und das Herz. Für manche Macht, für manche Verantwortung.
Ich bin Azi Azatoth der Jüngere. Schädelträger. Vertrauter des Dämonenlords. Sein Stellvertreter. Ich reise auf dem Schiff auf Feuer und Rauch. Schließt Euch mir an. Am Ende wird die Welt eine andere sein – die Welt der Horde der Finsternis, die Welt Magira, die Welt, die unsichtbar mit der unseren verbunden ist. Eure Welt. Sammelt Hoffnung und Furcht und macht das Beste draus.
An Bord des Schiffes aus Nebel, Eiskristalle funkeln im Licht der zwei Monde. Auf dem Weg über die Yddia. Schemen im Nebel, immer mehr von Ihnen. Im Nor liegt die Antwort – und das Herz. Der Griff nach Schwert, nach Lanze, nach Axt. Mit aller Macht auf dem Weg in den neuen Tag.
Ich bin Samsa. Imperialer Marschall des Finsteren Imperiums. . Eroberer der Greifenleere. Schädelträger. Ich reise auf dem Schiff aus Nebel. Schließt Euch mir an. Es wird Zeit für Veränderung. Du kannst nur gewinnen. Genug ist zu wenig. Nicht bleibt wie es war. Sei dabei, wenn alte Gesetze fallen und neue Wege entstehen. Wenn Ordnung zerbricht und neu zusammengesetzt wird. Von mir und von Dir.
Zwei Schiffe, zwei Welten, doch ganz Magira ist gefragt. Entscheidet Euch. Geht an Bord. Es warten Antworten und Abenteuer. Die Welt wird eine andere sein. Seid dabei.
Die Bösenachtgeschichten werden den jungen Hordlingen am Abend erzählt, damit sie nervös und unruhig schlafen, Respekt und Furcht vor der Obrigkeit haben, sowie der Welt da draußen mit Misstrauen und Kampfbereitschaft begegnen.
Der junge Dzaak lebte in Ureban Na Xertes, dort lernte er den Beruf des Schwertmagiers, des Magiskers. Eines Nachmittags suchte Dzaak am Rande der Stadt den Friedhof der Namenlosen. Er wollte seinen toten Onkel besuchen und von ihm Zauber lernen. An geraden Tagen fand man den Friedhof mehr im Est der Stadt und an den anderen Tagen eher im Wes. Auf diesem Totenacker wurden die Toten gesammelt, die man überall in Ureban fand und die niemand kannte oder niemand kennen wollte. Er war aber auch sonst recht beliebt für Beerdigungen, denn es lag ein Fluch über dem Friedhof. Dieser war dergestalt, dass dort jeder seinen Geschäften unter dem Schutz des Wächters gefahrlos nachgehen konnte; doch nur bis Mitternacht. Wer sich nach Mitternacht auf dem Friedhof aufhielt, dem würde Schreckliches geschehen.
Der junge Mann wusste dies, als er den Friedhof betrat. Er ging an dem Wächter und Totengräber vorbei, einem riesigen Geschöpf, das über und über mit ekelhaften Schwären bedeckt war. Dieser Wächter der Toten und war seit Urgedenken dort, und er wachte über den Friedhof. Dzaak beeilte sich bei seinem Onkel, aber dieser war schlechter Laune. Er wehrte sich nach der Erweckung und knirschte grauslich mit den Zahnstummel. Er wollte von seinem Wissen nichts preisgeben, aber Dzaak wusste Rat. Er brannte ein weißes Feuer unter dem Geist des Toten ab, bis dieser seinen Schmerz in den Himmel schrie. Dann sagte er hastig einige Zauberformeln auf, die Dzaak gierig aufsog.
Später ging der Magisker die Reihen der Gräber entlang und betrachtete sie. Er war nicht sehr in Eile, es war die Zeit der Eule, eine ganze Weile vor Mitternacht. Es ging vorbei an Gräbern, Grabmälern und Gruften, vorbei an Steinen, Säulen und Steinbänken und an Statuen und grob behauenen Stelen. Bei einige Grabstätten zeigten Bilder, was die Toten im Leben getan hatten, andere trugen hasserfüllte Inschriften oder waren sehr schlicht. Da war da ein Grabmal, das zeigte einen schwarzen Engel, dessen Flügel brannten. Davor kniete eine Frau, in Tücher gehüllt. Dzaak blieb stehen, und beobachtete sie. Sie stand auf, ging die Allee entlang und Dzaak folgte ihr neugierig, ohne Grund, nur um zu sehen, wohin sie wolle. Je länger er sie ansah, desto mehr schien sie ihm über die Maßen schön und elegant. Sie gingen eine Weile und sein Blick ruhte auf ihren Hüften und den Bewegungen des Gesäßes, das sich anmutig unter dem glatten Stoff bewegte. Die Gräber zogen an ihm vorbei, aber er beachtete sie nicht, sein Blick folgte den sanften Bewegungen vor ihm, er konnte nicht anders.
Die Tradition der Bösenachtgeschichten bei der Horde wird gerne gepflegt. Damit werden die Kleinen schon früh durch lehrreiche Erzählungen auf die Widrigkeiten des Lebens und die ausgeprägte Feindlichkeit der Welt vorbereitet.
Vor langer Zeit herrschte die schöne Lydia von Stauss, halb hordische Dämonin und halb Vampirin, über ein großes, fruchtbares Tal in einem Königreich im Wes. Lydia war beliebt im Tal, und die Menschen fürchteten sie nicht, denn sie hatte geschworen, nie ihre Blutlust an den Untertanen auszulassen und das Tal zu schützen.
Die jungen Männer liebten und verehrten sie, denn sie pflegte immer 10 von ihnen um sich zu scharen, und ein jeder von ihnen wäre gerne dazu auserwählt. Lydia, so hieß es, wäre unersättlich, was die körperliche Liebe anging, und die kraftstrotzenden Jünglinge dienten ihrer Befriedigung. Lydia nannte diese Männer ihre Goldstücke. Diese waren ihr stets einige Jahre zu Diensten, um dann nach dem Ende dieser Zeit reich belohnt hinaus in die Welt zu ziehen, meist an den Hofe des Königs.
Die schöne Talherrin liebte das Spiel der Geschlechter. Sie steigerte ihre Lust oft mit schwarzen Leichenpilzen, und dann mussten ihre Geliebten sie die halbe Nacht verwöhnen. Sie bestiegen sie auf diese und auf jene Art, leckten sie hier und dort, und sie wurde überall gestoßen und gestreichelt, und viele Dinge mehr. Wäre das jemals über die Mauern des Schlosses getragen worden, die eine Hälfte des Königreiches wäre errötet und die anderen Hälfte vor Neid erblasst.
Die Spiele mit den zehn Gespielen füllten die langen Nächte voller Lustbarkeiten: Gerne wurde ›Bauer und Schwein‹ gespielt; dafür brauchte man immer einige Gardinen und ein paar Gerten. Und sehr beliebt bei allen war ›Heute Nacht wird gejagt‹, das sich durch alle Keller und Gänge zog. Oft endete die Nacht oben auf der Dachterrasse, von wo aus Lydias Schreie der Lust über das Tal schallten. »Wenn es Lydia gut geht, dann geht es dem Tal gut«, knurrten die Bauern in ihren Stuben. Und die jungen Männer, die das hörten, träumten davon, das sie einst dort im Schlosse dienen würden.
An einem schönen Nachmittag, da war es wieder einmal so weit, ein Dienst würde enden. Lydia von Stauss rief einen der jungen Männer herbei. ›Zum Tee‹ hieß es. Aber alle wussten, was damit gemeint war. »Nur herein«, sagte die Schöne zu dem jungen Mann Sie trug nur ein wenig Tüll und Perlen. »Euer Dienst endet nun. Aber lasst uns an diesem schönen Tage noch einmal der Freude frönen«. Sprachs und zog ihn mit gieriger Zärtlichkeit zu sich heran.
Der Junge Mann erwachte irgendwann später, die Sonne versank hinter den Hügeln. Eine unendliche, bleierne Müdigkeit erfüllte ihn. Er fühlte Schmerz an seinem Hals, und als er unwillkürlich an die Stelle fasste, ertastete er zwei kleine Wunden und Nässe. Blut klebte an seiner Hand, als er sie ansah. Er blickte auf und sah Lydia, sie stand seitlich vor ihm und lächelte schmallippig. Sie sagte: »Danke für alles, mein Liebster« und verließ den Raum.
»Schau mich an«, sagte ein unscheinbarer Mann, der ihm gegenüber saß, und ihn intensiv ansah. Der Mann begann merkwürdig zu zucken und zu keuchen. Der junge Geliebte konnte nicht glauben, was er sah: Die Gestalt des Mannes verlief wie heißes Wachs, nur um sich dann neu zu formen. Am Ende saß er seinem Ebenbild gegenüber. Der Gestaltwandler stand auf, trat zu ihm und sagte: »Nun werde ich an deiner Statt davon reiten. Ich werde allen sagen, das es an den Hof des Königs geht, wo mich eine gute Position erwartet. Und alle deine Freunde werde dich bald vergessen.«
Die letzten Worte hatte der abgelegte Gespiele schon nicht mehr gehört. Der Blutverlust ließ ihn in die Bewusstlosigkeit gleiten. Durch ein zur Seite geschobenes Paneel an der Wand trat ein Ghoul, der den Liegenden ergriff und mit sich zerrte. Er ächzte und murmelte vor sich hin: »Dein Körper weißt du, der dient der Herrin, so oder so. Du wirst ein guter Nährboden sein, mein toter Freund. Ich lege dich zu den anderen, keine Sorge, du liegst nicht allein. Die Sporen werden in dir keimen und nach ein paar Wochen trägst Du die besten, schwarzen Leichenpilze. Das wird Lydia erfreuen, sie braucht viele davon.«
Am Abend saß der Gestaltwandler in einem Rasthof vor dem Kamin. Lydia zahlte gut; in seiner Hand hielt er zufrieden eine Goldmünze des Reiches. Sie trug auf der einen Seite ein stilisiertes Portrait von Sataki und auf der anderen eine Rune. Das war die einhundertste Münze für seine Dienste für Lydia von Stauss.
EINHUNDERT GOLDSTÜCKE Klaus Erichsen November 2021
Er ist viel zu klein, ich könnte kotzen. Schreien. Toben. Am liebsten würde ich jetzt irgendjemandem die Nase brechen, Blut spritzen lassen, zuschlagen, bis gar nichts mehr geht. Aber ich schließe nur kurz die Augen und atme tief ein. Natürlich merkt er das. Aber so habe ich es gelernt. Irgendwo in meinem Bauch ist angeblich ein Muskel oder so, der muss ganz locker sein, wie hängende Schultern. Haben sie mir, hat er mir beigebracht. Also atme ich ganz einfach, ganz tief, ein und dann aus. Und hasse dieses Werkzeug weniger. Ein bisschen weniger. Auch das soll helfen.
Vor mir das Holzbrett. Und der eine Nagel. Daneben liegen die sechs anderen Nägel, und wieder daneben das verfluchte Dreieck aus Holz mit dem Gewicht an einer feinen Kette. Die lange Seite des Dreiecks ruht auf dem Boden. Da, wo sich die beiden kurzen Seiten treffen, oben, in der Mitte, da hängt das Gewicht. Und genau darunter ist ein kleiner Dorn.
Dieser Scheiß-Hammer ist doch gar keiner. Die Wut kocht wieder hoch. Ich fasse den Stiel noch fester. Diesen lächerlichen, dünnen Stiel. Meine Faust bemerkt ihn kaum. Dieser Blick. Immer dieser fiese Blick, und dieses Grinsen auf dem hageren Gesicht. Die buschigen Augenbrauen. Klar muss er nichts sagen, ich weiß schon. Das Licht der Fackeln flackert. Es ist beschissen kalt und meine Finger sind klamm. Der verfluchte Kopf des Hammers hat nur die Schlagfläche in der Größe meines Daumennagels. Der Arsch nennt das Bahn. Bahn. Was soll das denn sein? Da ist doch lächerlich. Das Ding wiegt fast nichts. Dafür ist der Stiel recht lang.
Ich greife nach dem ersten Nagel. Und nach dem Klebekram im kleinen Topf daneben. Ich muss den Nagel nicht festhalten, ich darf ihn mit der festen Knete fixieren. Immerhin. Rund um den eingeschlagenen Nagel hat er mit dem Stift einen Kreis gezeichnet, irgendwo auf dieser Linie müssen die anderen Nägel eingeschlagen werden. Als ob das so wichtig wäre. Ich verfluche den Tag, an dem ich meine Ausbildung begann. Auf der Straße hatte ich doch kein ganz schlechtes Leben. Gut, ich gehörte weder zu den Stärksten oder Geschicktesten. Ein paar Kniffe beim Kämpfen hatte ich mir abgeschaut, und so überlebte ich lange genug, bis ich mich nachts mit diesem Arschloch anlegte. Nachdem er mir zweimal gegen den Kopf getreten hatte als ich im Dreck lag, hat er mir angeboten mitzukommen. So etwas kann übel enden, ich weiß, aber bei einem weiteren Tritt wäre es wohl aus gewesen. Ich stimmte zu. Es endete auch nur so halb übel. Ich musste bei ihm in die Lehre gehen. Immer noch besser als jede Nacht seinen Schwanz in meinem Arsch zu haben. Ein bisschen besser.
Lenk dich nicht ab. Der ›Hammer‹ in meiner Hand, ich weigere mich fast ihn so zu nennen, saust herab auf den fixierten Nagel. Kurz vor dem Auftreffen verzögere ich, so habe ich das gelernt. Der Nagel wird ins Brett getrieben. Für mich sieht das gut aus. Tatsächlich fordert er mich auf, den nächsten Nagel zu nehmen. Meine Stimmung bessert sich, ich beuge mich runter zu dem Brett, aber im flackernden Licht lässt sich das nicht allzu gut in Augenschein nehmen. Na dann, nächste Knete, nächster Nagel. Schon beim Ausholen merke ich, dass ich mich nicht genug auf die Aufgabe konzentriert habe, die Verzögerung kommt zu spät und jetzt schreit mir der Meister auch noch ins Ohr – ich treffe den Nagel nur halb, schief, lächerlich. Nicht tief genug.
Der zweite Schlag ist der schwerste denke ich schon wie der Meister, dessen hohles Grinsen noch abstoßender wird. Ich könnte ihm die Fresse polieren, eine rote Welle aus Wut und Zorn überrollt mich. Er zeigt auf den dritten Nagel. Luft holen. Nicht so verkniffen dreinschauen. Er sagt immer, er könne in meinem Gesicht alles, aber auch alles ablesen. Danke dafür.
Dann wird er irgendwann mal ablesen, dass ich ihm jetzt umgehend mit dem großen Vorschlaghammer den Schädel einschlage. Lehrjahre sind keine Herrenjahre noch so ein Spruch. Ich bringe Atmung und meine zitternde Hand wieder unter Kontrolle, nehme Knete und den dritten Nagel. Ich denke jetzt gar nicht groß darüber nach, ein Schwung, ein Schlag. Kurzes Herunterbeugen auf die Höhe der Nagelköpfe. Auch das hier … Nicht nachdenken, keine Zufriedenheit, keine Frustration, weitermachen. Nächster Nagel, nächster Schlag. Nächster Nagel, nächster Schlag. Als ich zum letzten Nagel greifen will bedeutet er mir einzuhalten. Es ist Zeit für die, jetzt weiß ich es wieder, Waage. Setzwaage. Die lange Unterseite wird auf dem Nagel in der Mitte und dem misslungenen zweiten Versuch angesetzt. Klar, dass der Dorn nicht auf die Markierung in der Mitte zeigt. Wut kocht wieder in mir hoch. Ein Fäustel würde reichen, eine kurze Gelegenheit, und mein Meister wäre blutver- schmierte Vergangenheit. Jetzt setzt er die Auflagenseite auf den ersten Nagel. Nach kurzem Auspendeln zeigt die Spitze des Gewichts auf den Dorn. Ich hatte recht gehabt. Er legt das Instrument wieder zur Seite. Was will er jetzt schon wieder? Noch ein Nagel, Lektion vorbei, dann lieber wieder Alltagsgeschäft? Lass mich doch den sechsten Nagel einschlagen. Stattdessen bedeutet er mir mitzukommen. Wir gehen nach nebenan. Bange Blicke folgen uns im nächsten Gewölbe, aber alle haben schön gelernt, die Klappe zu halten. Kann keiner sagen, dass der Meister nicht wüsste was er tut. Das ist ja das Problem. Ruhig bleiben. Er geht zu einem Mädchen, einer jungen Frau, dreckig, stinkend wie alle hier. Nimmt ihre Hand. Legt sie flach auf den Boden und hält sie fest. Ich schaue sie nicht an, gelernt ist gelernt. Nur auf die Hand, die Finger, den Zeigefinger. Lasse mich neben ihr nieder. Sein Blick sagt: jetzt.
Wieder der Schwung, wieder das Verzögern, und das satte Auftreffen. Sie kann nicht anders, sie schreit laut auf und mein Meister verpasst ihr eine Ohrfeige.
Dann nimmt er die Hand der wimmernden Gestalt und betrachtet das vordere Fingerglied. Ich senke die Augen, aus meiner Sicht war alles richtig. Nicht übermütig werden. Der Fingernagel war zersplittert, das Fleisch aufgeplatzt, aber das Gelenk unbeschädigt. So, wie es sein sollte. Der Meister schnipste kurz gegen den Finger, ein Stöhnen, ein kurzer böser Blick. Mir bedeutet er aufzustehen.
›Die Kunst ist das rechte Maß aus Kraft und Geschicklichkeit‹ kam mir wieder in den Sinn. Schließlich sollten die meisten Aufträge nachher wieder einer nützlichen Arbeit nachgehen. Nur Idioten schlagen sie zu Krüppeln. Es sei denn, der Auftrag lautet so. Auch das kommt vor. Ich darf das zierliche Hämmerchen ablegen. Zur Belohnung deutet der Meister auf den … Fäustel. Endlich. Es gibt da noch ein paar Kniescheiben einzuschlagen. Aber nicht das Gelenk beschädigen. Ich weiß Bescheid, schließlich bin ich bald kein Lehrling mehr sondern Geselle.
WERKSTATTBERICHT Michael Scheuch Seeheim, Dezember 2020/Januar 2021
Nachdem der erste Teil dieser Schrift, erschienen in Dämonenbote 96, Follow 443, den Zeitraum vor dem Zeitalter der Finsternis, das Zeitalter der Finsternis selbst sowie die ersten 33 Jahre nach ebendiesem betrachtete, so geht der zweite Teil auf den chronologisch nächsten Zeitraum ein, also die Zeitspanne 33 bis 57 nach der Finsternis, denen das Spiel auf der wiederentdeckten Estlichen Welt seit 1994 bis in die Gegenwart zugrunde liegt.
Teil II – Vom Zerfall des Ersten bis zur Entstehung des Zweiten Greifenbundes
Diese Schrift behandelt die Geschichte der Regionen namens Greifenrücken, Greifenleere, Rudravid und Litaria – allesamt Gebiete im Ydd der Estlichen Welt, in denen das Volk der Homiiden heimisch war und ist. Sie umfasst dabei sowohl geographische, enzyklopädische als auch politische Bestandteile und soll dadurch einen allgemeinen Überblick bieten.
Der erste Teil endete mit dem Verschwinden des Nebels über der Estlichen Welt, welcher das zur Seefahrt talentierte Volk der Homiiden von ebendieser abhielt. Politisch gab es ein Verteidigungsbündnis der Städte der Homiiden, den so genannten Greifenbund, welchen die Städte Ashkalin, Timoris, Naburit, Lenduris, Ruhtron, Meggoddin unter der Führung der Herren von Greifenstein bildete.
Von Missionaren und Eroberern
Noch vor dem Verschwinden des Nebels kamen im Jahre 31 ndF Missionare der Göttin Daya in die Greifenleere. Sie schufen eine breite Anhängerschaft dieser Gottheit in den höheren, reicheren Schichten im Volk der Homiiden. Sie war für einige Jahre eine Ergänzung zum sonst verbreiteten Wolsischen Pantheon. Auch sagt man, dass die Priesterschaft des Greifentempels in diesen Jahren im verborgenen starken Einfluss auf den Ersten Greifenbund ausübte, nachdem sie sich von Hondanan zurückgezogen hatten, diese aber nach kurzer Zeit Aufgaben und sich anderen Gefilden auf Magira widmeten.
Im Jahre 33 ndF wurde der Greifenbund auf eine harte Probe gestellt, denn seine beiden Nachbarn, der Löwe und der Falke, sowie der Stier wollten dieses Gebiet unter ihre Kontrolle bringen – was ihnen innerhalb der nächsten zwei Jahre gelang. Die Städte Lenduris, Ashkalin und Greifenstein fielen an Ena Wolsan, die Städte Naburit, Timoris und Ruhtron an die Toku. Meggoddin gelangte unter kurzzeitige Kontrolle der Valusier, wurde aber an Ena Wolsan abgetreten. Von nun an lebten die Homiiden in verschiedenen Reichen, mit verschiedenen Herren, Rechtssystemen, Glaubensansätzen, sogar Sprachen. Sowohl Löwe als auch Falke räumten den Homiiden viele Freiheiten ein, jedoch keine Möglichkeit die Herrschaft ihres angestammten Gebietes zurückzuerlangen. Von diesem Zeitpunkt an begannen die Städte der Homiiden zu schrumpfen. Viele junge Menschen wurden in fremde Armeen gepresst und viele, die außerordentliche Talente hatten, zum Beispiel in der Metallverarbeitung oder der Architektur, verließen ihr Land, um in Ena Wolsan Reichtum und Anerkennung zu finden. Ihnen half, dass die Homiiden ebenfalls Wolsisch sprechen, wenn auch mit einem starken Dialekt. Im Jahre 34 ndF endete die Zeit des Ersten Greifenbundes mit der Eroberung Greifensteins durch Ena Wolsan.
Von Invasoren auf eisigen Platten
Das nächste Kapitel der Geschichte von Greifenrücken und Greifenleere beginnt im Jahre 36 ndF, als das Eisvolk von Andor mithilfe von aus Eisplatten erstellten Großflößen die Küste der Greifenleere erreichte. Diese Wesen, und das sie begleitende Dienervolk der Inuamen, kamen aus ihrem eigenen Reich, welches sich angeblich am Sudpol Magiras befinden soll, in die Region. Sie konnten sich schnell, auch aufgrund ihrer militärischen Stärke, mit dem Falken und Löwen einigen. So wurden ihnen zuerst die Städte Naburit und Timoris überlassen, später erlangten sie auch Kontrolle über Ashkalin und auch für kurze Zeit über Greifenstein. Dieses Reich auf dem Gebiet der Homiiden hielt für einige Jahre an, sodass die Andorianer sich an einigen Stellen festsetzten und die sie begleitenden Inuamen sich teilweise mit den Homiiden vermischten. Doch die Herrschaft der Andorianer und der teilweise magisch begabten Adelsschicht dieses Volkes verblasste zunehmest, auch aufgrund ihrer Überheblichkeit. Schließlich wurden sie von den Völkern der Alten Welt dort vertrieben. Heute können wir noch einige Anzeichen der Andorianer und Inuamen in dieser Region finden, seien es Lehnwörter oder einige ihrer architektonischen Werke. Besonders in der Region um Ashkalin im Nor der Leere findet man andorianische Einflüsse in Ernährung und Kleidungsweise. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass sich ein Teil des Adelsgeschlechtes im Dreigipfelgebirge im Nor des Greifenrückens befindet und dort im Exil lebt.
Nicht unerwähnt soll die kurze Besetzung von Ashkalin durch die Horde der Finsternis unter der Führung des Dämonen Rho Un Garr bleiben, der diese Stadt 44 ndF vom Löwen übernahm und für einige Monde hielt.
Von Besuchern aus der Alten Welt und dem spitzen Stachel des Skorpions
Die oben bereits beschriebene Schwäche des Adels von Andor nutzte besonders den Völkern der Alten Welt, die im Jahre 47 ndF die Estliche Welt erreichten, um Krieg gegen Ena Wolsan zu führen. Diese Völker waren der Rabe, der Drache, die Schlange, Tir Thuatha und das Reich des Feuers. Ihr Erfolg war jedoch überschaubar. Sie zogen durch die Greifenleere, wurden jedoch am Greifenrücken bereits vom Löwen gestellt und dort sowie zu Wasser geschlagen und wieder vertrieben.
Die Choson erreichten – ebenfalls von der Alten Welt kommend – die Region und konnten für kurze Zeit Naburit von den Andorianern halten, werden aber von den Söldnern der Cehisar wiederum vertrieben, die – nachdem sie die letzten Andorianer besiegten – Ruhe in die Greifenleere bringen. Unter dem Banner des Skorpions stehen für einige Monde Greifenstein, Ashkalin, Naburit, Timoris und Meggoddin. Doch sind die Söldner eben Söldner und nicht für das Halten oder den Ausbau von Städten und Strukturen bekannt. Die Städte wurden Ena Wolsan überlassen und an der ein oder anderen Stelle kam es zwischen Löwe und Skorpion zu dezentralen Gemetzeln, doch waren sich die Führungen beider Kriegsparteien einig, dass die Söldner diese Region verlassen werden, zu uns heute unbekannten Konditionen.
Von wechselnden Herren und erneutem Mut
Ena Wolsan hielt 49 ndF Greifenrücken, Greifenleere und Rudravid. Die Insel Litaria befand sich unter Kontrolle des Falken. Der Löwe wusste jedoch schlau die Städte und Gebiete der Greifenleere für seine Diplomatie in den kommenden Jahren zu nutzen. Timoris gelangte wieder unter Kontrolle der Toku und Naburit wurde den Ranabarern 51ndF als Stützpunkt in der Estlichen Welt angeboten, die diesen 53 ndF an den Phönix abtraten. Dieser wiederum verließ die Stadt Naburit 55 ndF, weil es dort nicht mit rechten Dingen zuzugehen schien. Truppen der Horde der Finsternis unter der Führung der Halbdämonen Onua, die eigentlich Timoris durch die Verhandlungen von Schädelträger Samsa mit dem San übernehmen sollten, fanden die Stadt ungeschützt vor und besetzten sie. Im Jahr 56 ndF erobert Samsa zusätzlich Ashkalin, welches zwischenzeitlich vom Wali gehalten wurde.
Zu Beginn des Jahres 57 ndF erklärten sich die drei Städte Ashkalin, Nabur und Timor (vormals bekannt als Naburit und Timoris), die allesamt unter der Herrschaft der Horde der Finsternis standen, zum zweiten Greifenbund, um zumindest ihr Schicksal wieder in die eigenen Hände zu nehmen.
Wie sich dieser Schritt in der Region und für die weiteren Siedlungsgebiete der Homiiden auswirken wird und welches Motiv die Horde der Finsternis dort verfolgt wird die Zukunft zeigen.
GREIFENRÜCKEN UND GREIFENLEERE Teil II – Vom Zerfall des Ersten bis zur Entstehung des Zweiten Greifenbundes Jörg Meierotte Wiesbaden, September und November 2020