In der Geschichte Die Stunde der Dämonen beobachtet Azi Azatoth der Jüngere zum ersten Mal, was in manchen Nächten in der Hauptstadt der Schädelinsel vor sich geht: wie entfesselt jagen Dämonen die menschlichen und anderen natürlich geborenen Einwohner der Stadt, woran sich aber am darauffolgenden Morgen kaum jemand zu erinnern vermag. Wer in dieser Stunde stirbt, lebt weiter, keine der angerichteten Zerstörungen ist zu finden.
Was ist der Sinn?
Warum geschieht es?
Wohin führt der Weg?
Weshalb jetzt, hier, mir?
Niemand hatte es mehr gewagt, in der Stunde der Dämonen sein Haus, sein Appartement, ja die Häuser auf der Straßenseite, an der seine Wohnung lag, anzugreifen.
Nachtragender als ein Dämon war kein Wesen auf den Welten, und nachtragender als der Stellvertreter des Dämonenlords war keiner der Dämonen. Vielleicht der Dämonenlord selber, aber wer konnte das schon sagen.
Azi Azatoth der Jüngere hatte seinen Platz eingenommen, auf der obersten Stufe der Treppe, die zu seinem Haus führte.
Im Vergleich war in dieser Straße wenig los, ein paar panisch schreiende Menschen und andere Wesen, nur vereinzelt Dämonen mit stumpfen oder scharfen Gegenständen – nicht nur Waffen, auch alles andere, das sich in Vorratskammern, Läden oder Wohnungen befand. Die Stunde der Dämonen schien den Spieltrieb in den vielen unruhigen Geistern der Stadt zu befördern.
Wieder steckte ein kleines Stück Pergament in der Ritze zwischen zwei Quadern, die den Treppenabsatz bildeten.
Er wusste schon, was in kleinen, feinen, geschwungenen Lettern auf das Leder geschrieben war. »Ich würde mich freuen, wenn Sie zu dieser Stunde mein Gast wären. Ehrerbietigst, Sternsnacht.«
Allerdings war es nicht in jeder Nacht dieselbe Notiz, nein, Form, Größe und Tintenfarbe variierten. In dieser Nacht würde er die Einladung annehmen. Diesen Entschluss zu fassen hatte ihn fast eine Woche gekostet. Eine Woche und einen sehr langen Blick auf das Chaos zu seinen Füßen.
Also erhob er sich und machte sich auf den Weg, nur ein Stadtviertel weiter durch die übervollen Straßen. Entlang der Häuserzeilen, von allen übersehen, nur manchmal beinahe über den Haufen gerannt, doch er wusste auszuweichen.
Das Haus des Magiers lag am Ende einer Sackgasse, ein großes Tor verbarg den Innenhof des Gebäudes. Da Sackgassen bei fliehenden Stadtbewohnern recht unbeliebt waren, wurde es hier schnell ruhiger. Vor kurzem mussten sich ein paar verlaufen haben oder waren einfach nur falsch abgebogen, aber auch die waren inzwischen ruhig.
Der Schädelträger öffnete ohne anzuklopfen die Tür, die in das große Tor eingelassen war und schlüpfte hindurch. Im Schein zweier Fackeln stand eine dunkle Gestalt, rammte seinen großen Stab auf den Boden und brüllte mit tiefer, durchdringender Stimme: »Du kommst hier nicht vorbei.« Continue reading